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Stellungnahme zur Verordnung über die Anschubfinanzierung zur Förderung von Digitalisierungsprojekten von hohem öffentlichem Interesse

Am 11. Juli 2024 ging unsere Stellungnahme an die Schweizerische Bundeskanzlei, Bundeskanzler Viktor Rossi

Unsere Vernehmlassungsantwort zur Verordnung über die Anschubfinanzierung zur Förderung von Digitalisierungsprojekten von hohem öffentlichem Interesse:

Ausgangslage
Am 16.04.2024 eröffneten Sie das Vernehmlassungsverfahren zur neuen Verordnung über die Anschubfinanzierung für Digitalisierungsprojekte von hohem öffentlichem Interesse. Diese Anschubfinanzierung ist Teil des Bundesgesetzes über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG). Der Bund soll Projekte in den Bereichen Gesellschaft und Wirtschaft fördern, die einen grossen Mehrwert für die digitale Transformation der Schweiz bieten.

Das Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG) ist seit 1. Januar 2024 in Kraft. Die neue Verordnung regelt die in Artikel 17 EMBAG vorgesehene Anschubfinanzierung für Digitalisierungsprojekte von hohem öffentlichem Interesse.

Die Anschubfinanzierung geht zurück auf eine Forderung aus dem Parlament, dass der Bund digitale Leuchtturmprojekte fördern soll. Das neue Förderinstrument zielt darauf ab, die digitale Transformation in der Schweiz durch eine Anschubfinanzierung von Digitalisierungsprojekten sowohl aus dem privaten als auch dem öffentlichen Sektor zu beschleunigen. Um Förderung zu erhalten, müssen Projekte von besonderer gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Bedeutung sein und damit einem hohen öffentlichen Interesse dienen.

Empfänger von Fördergeldern verpflichten sich, Projektergebnisse zur freien Weiterverwendung öffentlich zur Verfügung zu stellen. Das Potenzial für eine breite Anwendung der Ergebnisse (Software, Anwendungen, Daten) fliesst in die Bewertung der Fördergesuche ein.

Die Verantwortung für die Vergabe der Finanzhilfen obliegt dem Bereich „Digitale Transformation und IKT-Lenkung" der Bundeskanzlei. Eine Fachjury bewertet die Projekte und gibt Empfehlungen ab.

Der eingeschlagene Weg und die Ausgestaltung des Gesetzes und der Verordnungsentwurf können für blinde und sehbehinderte Menschen eine vielversprechende und breit wirksame Grundlage für eine barrierefreie digitale Welt bilden.

Aus diesem Grund erlauben wir uns als Schweizerischer Blindenbund, Selbsthilfe-Organisation blinder und sehbehinderter Menschen, im Rahmen Ihres Vernehmlassungsverfahrens zum Verordnungsentwurf Stellung zu nehmen.

Grundsätzlich begrüsst der Schweizerische Blindenbund (SBb) die Anschubfinanzierung. In unserer Stellungnahme beschränken wir uns auf den Aspekt der Förderungsvoraussetzungen, die beim vorliegenden Entwurf für blinde und sehbehinderte Menschen von zentraler Bedeutung sind.

Gesetzliche Grundlage der Anschubfinanzierung ist Artikel 17 EMBAG. Mit dem EM-BAG sollen verschiedene Themen der digitalen Transformation auf Gesetzesstufe geregelt werden. Insbesondere soll es die Voraussetzung für die Zusammenarbeit verschiedener Gemeinwesen und den Ausbau und die Weiterentwicklung des Einsatzes von elektronischen Mitteln zur Unterstützung der Erfüllung von Behördenaufgaben schaffen (Art. 1 EMBAG).

Der Regelungsentwurf sieht ein zweistufiges Prüfverfahren vor, wobei in einem ersten Prüfschritt diejenigen Digitalisierungsprojekte ausscheiden, die nicht alle Förderungsvoraussetzungen erfüllen. Projekte, welche die Förderungsvoraussetzungen grundsätzlich erfüllen, werden in einem zweiten Prüfschritt aufgrund von fünf gewichteten Bewertungskriterien und unter Beizug einer Fachjury mit einer Punktzahl bewertet und rangiert.

Digitale Barrierefreiheit muss als Förderungsvoraussetzung in die Verordnung aufgenommen werden

Obwohl die Schweiz vertraglich und gesetzlich verpflichtet ist, die barrierefreie digitale Transformation sicherzustellen, zeigt die Erfahrung, dass die gesetzlichen Grundlagen oft nicht die hierfür nötige Durchsetzungskraft entfalten. Umso mehr erwartet der Schweizerische Blindenbund (SBb), dass das Thema als Förderungsvoraussetzung für eine Anschubfinanzierung zwingend aufgenommen wird.

Bestehende gesetzliche Grundlagen haben nicht die nötige Durchsetzungskraft

Die Schweiz hat 2014 die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK, Überein-kommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen) unterzeichnet. Artikel 9 der UNO-BRK fordert den gleichberechtigten Zugang für Menschen mit Behinderungen zu allen zentralen Bereichen des täglichen Lebens, um ihnen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Dies gilt auch für die Information und Kommunikation, einschliesslich der entsprechenden Technologien und Systeme. Das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG), schreibt in Artikel 14 vor, dass die Behörden im Verkehr mit der Bevölkerung Rücksicht auf die besonderen Anliegen der Sprach-, Hör- und Sehbehinderten nehmen müssen. Ohne garantierte E-Accessability werden Menschen mit Sehbeeinträchtigung von der digitalen Transformation ausge-schlossen.

Barrierefreiheit ist ein komplexes Thema und muss von Anfang an mitgedacht werden

Für blinde und sehbehinderte Menschen kann die Digitalisierung eine Chance für einen breiteren Zugang zu Dienstleistungen aller Art darstellen. Die digitalen Kommunikationskanäle sind das eigentliche Tor zu den Informationen für die sehbehinderten Menschen und damit die Basis und Voraussetzung jeder Inklusionsbemühungen. Zwingende Voraussetzung für die Nutzbarkeit der digitalen Angebote ist aber, dass diese barrierefrei zur Verfügung stehen. Damit dies ab Tag 1 der Inbetriebnahme bis zum Ende der jeweiligen Dienstleistung sichergestellt ist, muss das Thema von Anfang an prioritär mitgedacht werden.

Antrag

Der Artikel 2 zur Förderungsvoraussetzungen ist wie folgt zu ergänzen:
Art. 2 Förderungsvoraussetzungen
1 Finanzhilfen können geleistet werden für Digitalisierungsprojekte, die:
(...)
b. einen wesentlichen Mehrwert für Gesellschaft oder Wirtschaft erbringen,
namentlich indem sie:
(...)
2. die Gleichstellung der Geschlechter und von Menschen mit Behinderungen fördern,
(...)
c. die digitale Barrierefreiheit vollumfänglich sicherstellen,
d. die Erfüllung von Behördenaufgaben unterstützen;
e. weiterverwendbare Ergebnisse hervorbringen; und
f. Innovationscharakter haben.
Das bedarf der nachfolgenden Anpassungen im weiteren Text des Entwurfs:
Art. 7 Bewertung der Projekte
Der Bereich DTI der BK bewertet die Projekte gestützt auf die Empfehlungen der Fachjury nach folgenden Kriterien und nachstehenden Gewichtungen mit Punkten:
(...)
c. das Potential zur Weiterverwendung der Ergebnisse nach Artikel 2 Absatz 1
Buchstabe e (20 Prozent);
d. der Innovationscharakter des Projekts nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f
(10 Prozent);
(...)

 

 

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